Minimierungsmaximierung

Wenn ich CO2-Einsparung auslösen möchte, kann ich etwas tun (mit dem Fahrrad statt mit dem Auto zur Arbeit fahren) oder in etwas investieren (eine kaputte konventionelle Glühlampe durch eine LED-Lampe ersetzen). Durch sparsameres Verhalten hätte ich in 2014 maximal 14 Tonnen CO2 weniger erzeugen können – 14 Tonnen war mein persönlicher CO2-Fußabdruck für Strom, Heizen und Transport. Ohne Dienstreisen und USA-Urlaub hätte ich diesen Abdruck auf etwa eine Tonne senken, also 13 Tonnen einsparen können.

Aber warum den Wirkradius für CO2-Einsparung nicht größer ziehen? Ich kann ja auch in Einsparprojekte außerhalb meines persönlichen Fußabdrucks investieren. Nur: Welche Investionen lohnen sich? Wo bekomme ich die höchste CO2-Ersparnis pro investiertem Euro?

Fangen wir zunächst mit ein paar Projekten an, die meinen persönlichen Fußabdruck optimieren könnten:

  • Eine Photovoltaikanlage auf meinem Dach installieren. 1600€ Investion pro KWp, nach gut drei Jahren ist die graue Energie wieder drin. Die verbleibenden 17 Jahre der erwarteten Lebensdauer erwirtschaftet die Anlage durch Verdrängung deutschen-Strommix-Stroms 9,3 Tonnen CO2 Ersparnis pro KWp. Also 172€ Invest pro ersparte Tonne CO2
  • Eine 40 Watt Glühbirne durch eine 8 Watt LED Lampe ersetzen. Über 20 Jahre 350kg CO2-Einparung. 26€ Invest (für drei solcher Lampen) pro ersparte Tonne CO2.
  • Mein Auto durch ein Elektroauto, wie zB den BMW I3, ersetzen, der nur mit 100% regenerativ erzeugtem Strom betankt würde. Ersetzt über 10 Jahre mit je 15.000km meine derzeitigen 121g/km CO2 aus Dieselverbrennung. Allerdings braucht es fast sieben Jahre, die zur Produktionen eingesetzte graue Energie wieder einzufahren. Bleiben drei Jahre für den CO2-ROI: 5000€ pro ersparte Tonne CO2. Kaufe ich einen Tesla, bräuchte ich schon länger als 10 Jahre, um allein die graue Energie (anhand des Fahrzeuggewichts aus gleicher Quelle wie oben hochgerechnet) wieder einzufahren. ROI wäre negativ…

Die Ergebnisse sind also klar: Alle Lampen durch LEDs ersetzen ist auch aus CO2-Sicht gut eingesetztes Geld, aber das Einsparpotential auf die Anzahl Lampen bei mir zu Hause beschränkt. Die CO2-Sparwirkung pro investiertem Euro eines Elektroautos ist 20x schlechter. Und die PV-Anlage? 172€/Tonne als Benchmark. Wäre es nicht besser, CO2-Emissionshandelzertifikate zu kaufen und zu löschen? Oder in PV-Anlagen, Windräder, Energieeffizienzmaßnahmen anderswo zu investieren?

Schauen wir uns mal ein paar Beispiele an:

  • Ein EU Emmissionshandelszertifikat (European Emission Allowances (EUA)) zu löschen kostet derzeit knapp 7€/Tonne CO2. Das ist zwar keine echte Einsparung, entzieht aber dem Gesamtsystem das Recht, eine Tonne CO2 zu erzeugen. In einem idealen Markt führen weniger Rechte zu steigenden Preisen für diese Zertifikate, was Effizienzmaßnahmen und damit echte Einsparungen motiviert
  • Direkt in ein Energieeffizienzprojekt investieren, wie zum Beispiel über Bettervest angeboten. Dort gibt es im wesentlichen zwei Typen: Beleuchtungsprojekte (LED) mit einer durchschnittlichen CO2 „Rendite“ von 69€/Tonne CO2, und Kraft-Wärme-Kopplungsprojekte (BHKW) mit 60€/Tonne CO2 (jeweils über 20 Jahre Lebensdauer, also Wirksamkeit des Investments, gerechnet). Es gibt natürlich ein Ausfallrisiko des Darlehensnehmers, im Normalfall allerdings bekommt der Investor jedes Jahr Tilgung und sogar Zins zurück, die er wieder in neue Effizienzprojekte investieren kann.Schon mal besser als die eigene PV-Anlage auf dem Dach. Ganz zu schweigen vom Elektroauto.
  • Ein Investment in eine Erzeugungsanlage für erneuerbare Energien. Bei LeihDeinerUmweltGeld kann man sich an Bürgersolarparks oder Windrädern beteiligen. Ein Solarprojekt kostet dort 149€/Tonne CO2, wenig überraschend etwa die gleiche Zahl wie eine Anlage auf dem eigenen Dach. Ein Windrad allerdings kostet nur die Häfte: 68€ pro gesparter Tonne CO2.

Ergebnis: Wenn man sein persönliches Energiesparbudget bis zu einer sinnvollen Grenze ausgeschöpft hat, lohnt sich das Investment in CO2 Minderunsgprojekte außerhalb des persönlichen „Fußabdrucks“. Die meiste Minderung pro eingesetztem Euro bieten Effizienzprojekte im Bereich Beleuchtung, BHKWs und Windräder mit Kosten von 60-70€ pro Tonne eingesparten CO2. Alternativ kann man auch EU Emissionshandelszertifikate für 7€ pro Tonne löschen. Dann ist das Geld allerdings „weg“, während bei Investition in Effizienzprojekte mit hoher Wahrscheinlichkeit neben der Tilgung auch ein Zins zurückfließt, die beide wieder neu investiert werden können. Im Idealfall lohnt sich das Investment also nicht nur aus Sicht maximaler CO2-Einsparung, sondern auch finanziell.

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5 Antworten zu Minimierungsmaximierung

  1. Hans sagt:

    Irgendwie bin ich zu doof in den Quellen, z.B. zu den Solarzellen oder den Lampen, die in der Produktion erzeugte CO2 Menge zu entdecken – der Preis als Anhaltspunkt ist da ned wirklich eine Aussage.

  2. rolfk sagt:

    Hallo Hans

    nach der verlinkten Rechnung von Frau Wild-Scholten (Slide 20) kostet die Produktion eines KWp Solarzelle im Mittel 1798kg CO2. Geteilt duch die (in München) 1010 erwartbaren Vollbenutzungsstunden und 0,55 CO2 pro KWh Strom (Deutscher Strommix 2014) kommen 3.24 Jahre Stromproduktion zum Ausgleich der Grauen Energie heraus.
    Graue Energie in LED Lampen ist im Vergleich zur ersparten Energie über die Lebensdauer vernachlässigbar

    Viele Grüße
    Rolf

  3. Thomas sagt:

    Elektroauto: Hier ist doch entscheidend, ob ich ein Auto benötige. Nehmen wir mal an, die graue Energie wäre für einen herkömmlichen PKW gleich einem Elektroauto, dann führt der Kauf des Elektroautos sehr wohl zu einer Einsparung – vorausgesetzt, ich hätte mir sowieso ein neues Auto gekauft. Verschrotte ich mein bisheriges Auto nach der Hälfte seiner Lebenszeit, habe ich die Hälfte an grauer Energie eines Neuwagens erzeugt, welche erst mal wieder „reingefahren“ werden muss.
    Fraglich ist, wo ich 100% regenerativ erzeugten Strom herbekomme. Wenn es sich um Strom handelt, der sowieso ins Netz eingespeist worden wäre, ist der Effekt geringer – schließlich habe ich den Energiemix aller anderen Stromkunden geringfügig etwas schmutziger gemacht. Es müsste also Strom sein, der anderweitig tatsächlich nicht erzeugt worden wäre.

    Ich denke, dass der Argumentation bezüglich der Emissionszertifikate ein falsches Verständnis zugrunde liegt. Die Löschung eines Zertifikates (ohne CO2 in die Luft geblasen zu haben) ist ganz klar eine Einsparung. Es gibt XXX Verschmutzungsrechten. Wenn ich eines davon wegnehme, dann können nur noch XXX-1 Tonnen CO2 emittiert werden. Erhöhung der Preise, idealer Markt – völlig Wurscht, eine Tonne ist weg.
    Der Clou der Zertifikate ist, dass es sich um eine direkte Mengensteuerung handelt. Höhere Preise sind die Konsequenz , nicht das Ziel dieses Instruments. Ich lege also vorher fest, was ich erreichen will und genau dies erreiche ich auch. (Das die Ziele möglicherweise nicht ambitioniert genug waren – mag sein.)
    Diesem (meiner Meinung nach) Irrglauben, entspricht im Übrigen auch die Forderung, die Zertifikate künstlich zu verteuern. Eine Verteuerung führt sicher zu CO2-Einsparungsbemühungen – ja. Aber doch nur in dem Bereich, der durch die Menge an Zertifikaten sowieso gedeckelt ist.

    Ist Invest pro eingesparte Tonne überhaupt eine sinnvolle Größe?
    Eine Investition zeichnet sich dadurch aus, dass am Anfang eine Auszahlung steht, der Einzahlungen folgen. Deshalb ist die Löschung eines CO2-Zertifikats auch keine Investition – die Rückflüsse fehlen.
    Aber auch sonst ist es (meines Erachtens) keine sinnvolle Größe. Entscheidend sind die erwirtschafteten Gewinne (Zinsen minus Kapitalkosten minus Risikozuschläge minus ???). Denn wenn diese hoch genug sind, gehe ich zur Bank und investiere in viele Einsparprojekte.
    Ein unrealistisches Beispiel: Die Investition pro eingesparte Tonne des Projekts 1 beträgt 10 €. Allerdings bekomme ich gerade so mein Geld raus. Die Investition pro eingesparte Tonne des Projekts 2 beträgt 100 €. Hier verdopple ich mein Geld über die Laufzeit. Ich würde jetzt zur Bank gehen und mir 100.000 € leihen und mir und der Umwelt bei Projekt 2 etwas Gutes tun.

  4. rolfk sagt:

    Hallo Thomas,

    mit dem letzten Absatz sprichst Du einen wichtigen Punkt an. Investitionen mit Rückzahlung von Zins und Kapital könnte eigentlich über die Nutzungszeit der ersten Investition mehrfach rechnen, weil ich ja auch mehrere Kapitalumschläge schaffe. Vorteil von Investitionen versus Stilllegung von CO2-Zertifikaten.

    Ich habe mich dann aber doch dafür entschieden nur zu bilanzieren, was ich direkt auslösen kann. Nach dem Kapitalrückfluß aus Projekt 1 steht wieder eine neue Entscheidung an.

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