Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!

Berlin ist immer eine Reise wert, auch wenn es eine Dienstreise und kein Besuch des Fußball-Pokalendspiels ist. Dieses Mal bin ich mit dem ICE von München hin- und zwei Tage später mit dem City-Night-Line im Schlafwagen wieder zurückgefahren.

Eine subjektiv sehr angenehme Methode (vor allem die Rückfahrt) – aber war das auch die energieeffizienteste Art und Weise, nach Berlin zu kommen?

Der Umweltmobilcheck der Bahn gibt eine eindeutige Antwort: Die Bahn verbraucht auf der Strecke München-Berlin etwa 3,5x weniger Primärenergie (also inklusive der Verluste bei der Strom- bzw. Kraftstoffherstellung) als Auto oder Flugzeug.

Kann das stimmen? Schauen wir nach wie die Bahn rechnet:

  • Erstens rechnet sie mit einem Dieselverbrauch von 5,5 Liter/100km Autobahn. Da könnte ich also für mein Auto 20% abziehen. Bleibt immer noch Faktor 3
  • Zweitens rechnet sie beim ICE mit einer Auslastung von fast 50%. Das ist gewagt, wie die FAZ hier vorrechnet. Gefühlt war die Auslastung meines Zuges auch bei höchstens 25%. Also nur noch Faktor 1.5
  • Zufahrtsumwege (wie bei der FAZ angesprochen) hatte ich nicht. 10 Minuten U-Bahn zum Bahnhof in München, 5 Minuten zu Fuß zum Hotel in Berlin. Es bleibt also bei Faktor 1.5
  • Fazit für die Hinfahrt mit dem ICE: Energieeffizienztechnisch gegenüber dem Auto (oder dem Flugzeug) kein großer Vorteil. Allerdings hat der ICE größere Vorteile auf einem ganz anderen „Energielevel“: Entspannt einsteigen, viel Platz (bei Auslastung 25%…), dösen, lesen, arbeiten, Landschaft gucken – kein Vergleich zu den Alternativen

Also alles zusammen subjektiv 1:0 für den Zug. Wie steht es nun mit dem Rückweg?

  • Ein CNL bringt natürlich weniger Menschen in einem Waggon unter als ein normal bestuhlter ICE: Maximal 36 Schlafplätze statt 74 Sitzplätze. Und da ich ja hier mit einem von nur einer Person besetzten Auto vergleiche muß ich sogar 18 Einzelkabinengäste mit 74 Sitzplatzfahren vergleichen. Eine Auslastung 25% wäre damit auch für die Rückfahrt realistisch.
  • Dafür fährt der CNL sehr viel langsamer als der ICE, was den Energieverbrauch pro Personenkilometer deutlich reduziert.
  • Wieder kein deutlicher energetischer Vorteil. Eine sehr schöne und fundierte Diskussion zum Vergleich „Hochgeschwindigkeits-Nachtzüge versus Fliegen“ hier im ICE-Treff Forum kommt – sowohl „bottom up“ als auch „top-down“ gerechnet – zu einem ähnlichen Ergebnis: Nur ein vollbesetzter Nachzug wäre energetisch im Vorteil. Ein 25% ausgelasteter Nachtzug im Vergleich zu einem 70% ausgelasteten Flieger macht keinen großen Unterschied.

Also bleibt wieder die subjektive Entscheidung, ob man nach Flug mit dem normalerweise immer verpäteten „Lumpensammler“ und nochmal 45min aufs Gepäck warten um Mitternacht zu Hause sein will (der Satz war jetzt subjektiv gefärbt, zugegeben), oder am nächsten Morgen ausgeruht, frisch gewaschen und befrühstückt in den Hauptbahnhof einfährt.

Fazit: Ein bahnliebhabersubjektives 2:0 für die Bahn, aber wattrechnertechnisch ein Patt – 0:0

Was meint Ihr? Fahrt Ihr lieber Zug, Auto oder Bahn? Fließt die Energieeffizienz in Eure Entscheidungsfindung bei der Wahl des Verkehrsmittels ein? Ich freue mich über Kommentare!

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Wir Energieverschwender, Teil 4 – Strom

Nach den beiden Spitzenplätzen auf der privat beeinflußbaren Energieverbraucherrangliste – belegt von Heizung und Auto – kommt eine große Lücke, und dann der Strom: 4,7 KWh im Durchschnitt pro Tag und Person, im Vergleich zu 14 KWh/Tag/Person Individualverkehr und 19 KWh/Tag/Person Heizung.

Trotzdem ist es wichtig, sich mit dem Stromverbrauch zu beschäftigen, denn jede Kilowattstunde Strom benötigte im Jahr 2010 durch Verluste bei Erzeugung und Verteilung drei Kilowattstunden Primärenergie. Womit wir auf gleicher Höhe wie der diesel- und benzinbetriebene Individualverkehr wären – Verluste bei Erzeugung von Diesel und Benzin mal außer acht gelassen.

Also will ich heute, wie schon bei den vorherigen Kapiteln der „Energieverschwender“-Reihe, ausloten, wieviel Potential zum Stromsparen noch vorhanden ist. Dabei lasse ich Effizienzpotentiale bei Erzeugung und Verteilung außen vor, sondern konzentriere mich nur auf den Stromverbrauch ab Steckdose.

Ein durchschnittlicher 4-Personen Haushalt verbraucht also 4 x 4,7 = 19 KWh Strom pro Tag und zahlt dafür 1700 Euro im Jahr (bei 25 Cent/KWh). In dem Durchschnittswert steckt mit drin, daß bei 20% der Haushalte auch Warmwasser mit Strom erhitzt wird.

Mein eigener 4-Personen Haushalt verbraucht aktuell knapp 7 KWh Strom pro Tag. Das kostet 600 Euro im Jahr. Gekocht und Wasser erhitzt wird mit Gas. Der Stromverbrauch teilt sich wie folgt auf:

Die letzten drei Bestandteile sind dabei „virtuelle“ Verbräuche, also bei uns nicht vorhanden. Ein elektrischer Wäschetrockner (hellgrau) braucht ungefähr doppelt soviel Strom wie eine Waschmaschine. „Virtueller“ Strom für Kochen (zartblau) und Warmwasser (weiß) ist aus unserem sommerlichen Gasverbrauch abgeleitet.

Was kann dieses Schaubild jetzt die Frage zu beantworten helfen, wo Effizienzpotentiale stecken?

  1. Warmwasser wenn möglich mit Primärenergie erzeugen – 6KWh Gas ersetzen 6KWh Strom mit einem „Primärenergieschatten“ von 18KWh
  2. Ebenso beim Kochen – wenn Gas im Haus ist
  3. Wäsche auf dem Wäscheständer trocknen

OK – das drückt den Stromverbrauch von 12KWh/Tag auf 7KWh/Tag (die bunten Anteile am Ringbild oben). Und dann? Welche der weiteren Posten wären verzichtbar?

  1. Alle Geräte wie Kühlschrank/Geschirrspüler/Waschmaschine usw. sind bereits Energieeffizienzklasse A oder besser. Die Computer sind Laptops. Die Lampen meist Energiesparlampen. Nichts mehr zu machen.
  2. Schauen wir auf die Dauerverbraucher:
    1. Ein Sat-Multischalter, der  jede Stunde 13 Watt verbraucht: Macht im Jahr 114KWh, fast 5% den Gesamtverbrauchs
    2. Der EeePC File- und Backupserver, der  jede Stunde 18 Watt verbraucht: 158KWh, gut 6% den Gesamtverbrauchs
    3. Diverse Stand-By Verbräuche für Fernseher, Spielkonsole, Fritzbox, Laptops im Ruhezustand, Netzteile usw.: Auf Basis von Meßwerten geschätzt 25 Watt jede Stunde, also 219KWh im Jahr oder 9% des Stromverbrauchs

Würde ich all diese Dauerverbraucher nur bei Bedarf einschalten, könnte ich also noch fast 500KWh Strom sparen. 1500KWh Primärenergie. Dafür kann ich auch einen Monat heizen. Oder 3000 Kilometer Autofahren.

Fazit: Wo sind Effizienzpotentiale beim privaten Stromverbrauch?

  1. Die großen Klopper, die aber häufig einen Wechsel der Infrastruktur voraussetzen: Warmwasser und Kochen mit Gas statt Strom
  2. Energieeffiziente Geräte, Beleuchtung usw. Das bringt einen auf einen Level von 40-50% des Durchschnittsverbrauchs (Warmwasser herausgerechnet)
  3. Weitere 20% von diesem Level aus einzusparen werden dann allerdings richtig mühsam: Explizites Ein- und Ausschalten statt 24h-Betrieb von Kleinverbrauchern und Stand-By Verbrauch. Aber in den Keller gehen, Multischalter einschalten, bevor ich fernsehe? Oder Fritzbox einschalten, bevor ein Familienmitglied im Internet surfen will? Server erst hochfahren, wenn ich auf ein Shared Laufwerk zugreifen will?

Was meint Ihr? Lohnt es sich, diese letzten 20% anzugehen? Gibt es vielleicht clevere Schaltlösungen dafür? Schreibt einen Kommentar!

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Das nächste 3-Liter-Auto fährt elektrisch – nur wann?

Mitsubishi i MiEV

Mitsubishi i MiEV (Quelle: Wikipedia)

Letzte Woche habe ich mich an das erste „3-Liter-Auto“, den Lupo 3L, erinnert und nachgerechnet, daß der geringe Dieselverbrauch damals hauptsächlich dem geringen Fahrzeuggewicht und geringer Querschnittsfläche geschuldet war.

Der Wirkungsgrad des Lupo 3L Motors (innerorts und außerorts kombiniert nach NEFZ) ist 26%. Ein elektrischer Antrieb mit 78% Wirkungsgrad sollte also sogar ein 1-Liter Auto möglich machen, oder?

Rechnen wir nach. Um Vergleichbarkeit herzustellen, benutzen wir den oben schon erwähnten NEFZ Fahrzyklus. Damit ermittelte Verbrauchsdaten kennt jeder unter dem Stichwort „Außerorts/Innerorts/kombiniert“. NEFZ Innerorts simuliert Stadtfahrt – Beschleunigen auf 16km/h, an der Ampel halten, wieder beschleunigen auf 32km/h, an der Ampel halten, beschleunigen bis 50km/h (hurra), wieder halten – der ganze Zyklus vier mal, knapp vier Kilometer in 13 Minuten. NEFZ Außerorts simuliert Landstraße – in Schritten Beschleunigen bis zuerst 70km/h, danach auf 120km/h – knapp sieben Kilometer in knapp sieben Minuten.

Tachy von www.nie-mehr-benzin.de hat einen tollen NEFZ Rechner (XLS-Datei) ins Netz gestellt, welcher anhand der gleichen Eingangsdaten, die auch ich letzte Woche verwendet habe (Fahrzeuggewicht, Querschnittsfläche, cw-Wert und Rollwiderstand), den Mindestenergieaufwand zum Durchfahren des NEFZ Zyklus ausrechnet. Damit können wir jetzt Wirkungsgrade vergleichen – vom Lupo 3L, einen ähnlich großen Elektrofahrzeug, dem Mitsubishi I-MiEV, und als Ehrengast wieder meinem Roomster.

Schauen wir auf die „NEFZ Kombiniert“ Werte.

Erste Frage: Sind die offiziellen NEFZ Verbrauchswerte realistisch? Diese Frage kann eindeutig mit „Ja“ beantwortet werden: Mein Roomster-Durchschnittsverbrauch bis jetzt ist 4,5 Liter/100km, der Durchschnittsverbrauch von acht I-MiEV Fahrern auf spritmonitor.de entspricht verblüffend genau dem NEFZ Wert von 13,5 KWh/100km, und die Top 10 der Lupo 3L Fahrer dort erreichen ebenfalls die 3 Liter/100km.

Zweite Frage: Ist ein Elektroauto effizienter (und sind 78% Wirkungsgrad machbar)? Antwort: Ebenfalls ganz eindeutig „Ja„. Der Wirkungsgrad ist in allen Fahrzyklen wo auch beschleuigt und gebremst wird ist immer 3x besser als die Dieselmotoren des Lupo oder Roomster. Beim Fahrzyklus „NEFZ kombiniert“ erreicht das Elektroauto sogar 88% Wirkungsgrad.

Dritte Frage: Ist das Elektroauto absolut sparsamer im Umgang mit Primärenergie, also ein echtes „1-Liter-Auto“? Und hier ist die Antwort ein nachdrückliches „Es kommt darauf an„:

  • Erstens wiegt der I-MiEV fast 30% mehr als der ähnlich große Lupo, braucht also schon mal absolut mehr Energie: 13,5 KWh/100km entspräche einem „1,35-Liter-Auto“
  • Zweitens gilt „Strom aus der Steckdose = Primärenergie“ nur wenn dieser 100% aus Sonne, Wind oder Wasser stammt. Wenn dies nicht garantiert werden kann, müssen wir zum Verbrauch die Verluste im Kraftwerk und Stromnetz hinzurechnen.
    Wie hoch sind diese in Deutschland anzusetzen? Dazu schaue ich mal wieder in die BMWi Energiedaten, und setze gesamte Stromerzeugung und Verluste im Energiesektor (Erzeugung und Verteilung) ins Verhältnis. Für 2010 kommt ein Wirkungsgrad von 32% heraus. Damit wird der 3x bessere Wirkungsgrad des I-MiEV Motors komplett wieder aufgefressen. Es bleibt ein durch das höhere Gewicht bedingter absolut höherer Energieverbrauch als der Lupo 3L. Der I-MiEV ist dann ein 4-Liter Auto – kaum besser als der deutlich größere Roomster.

Ein schönes Bild, welches Energieverbrauch von Elektroautos und konventioneller Fahrzeuge in Beziehung setzt (in Abhängigkeit wo der Strom produziert wird), findet sich bei der Agentur für Erneuerbare Energien.

Fazit: Als Mittel, unseren „125 KWh Primärenergie pro Person und Tag“ Fußabdruck zu senken, eignen sich Elektroautos nur dann, wenn wir aus diesen 125KWh vorher schon die Stromerzeugungsverluste hinunteroptimiert haben. Zum Beispiel durch Ausbau von Wind- und Solarstrom.

Das nächste 3-Liter-Auto in Größe eines Lupo wird elektrisch fahren, und zwar genau dann, wenn der Wirkungsgrad des Stromerzeugungs- und Stromverteilungsystem 45% erreicht hat. Extrapoliert man die Effizienzgewinne seit 1990 (6 Prozenzpunkte) in die Zukunft, müssten wir bis 2050 warten. Wollen wir hoffen, dass das mit Hilfe der Energiewende schneller geht…

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Kein Platz für Fleisch?

Die Deutschen bestreiten derzeit 30% ihres Kalorienbedarfs mit Milchprodukten, Fleisch und Eiern. Wie groß ist der Anteil am Primärenergieverbrauch jedes einzelnen?

Wie Axel Woitowitz in seiner Dissertation (gefunden über Bioland) nachgewiesen hat, müssen für die Herstellung und Verteilung von Milchprodukten, Fleisch und Eiern 4,3 KWh pro Person und Tag aufgewendet werden. Das liegt irgendwo zwischen Flugbenzin (3,4 KWh/P*Tag) und dem privaten Stromverbrauch (4,7 KWh/P*Tag plus Verluste im Kraftwerk). Nahrungsmittel aus tierischer Quelle hätten also durchaus einen Platz in meiner „Energieverschwender„-Liste verdient.

Ein Anteil von 3% des Gesamt-Primärenergieverbrauch ist zwar bemerkenswert, eine Substitution, zB mit erneuerbarer Energie, ist aber technisch denkbar. Problematischer ist da schon der Anteil von fast 7% an den CO2-Äquivalent Emissionen.  Aber noch wichtiger ist es in diesem Fall, den Flächenverbrauch zu betrachten. Weiter bei  Axel Woitowitz lesen wir, daß der Flächenverbrauch für Milchprodukte, Fleisch und Eier heute bei knapp 10 Millionen Hektar liegt. Das ist fast ein Drittel der Gesamtfläche Deutschlands und zwei Drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche (Acker- und Grünland). Die gesamte Fläche in Deutschland ist entweder bebaut, bewaldet oder landwirtschaftlich genutzt. Wir liegen also bereits am Limit der theoretisch zur Verfügung stehenden Ressourcen.

Nun ist die Bevölkerungsdichte in Deutschland ja recht hoch. Vielleicht stehen woanders mehr Ressourcen zur Verfügung? Nein. Deutschland stellt 1.2% der Weltbevölkerung und auch 0.8% des weltweit verfügbaren Ackerlandes. Also ungefähr den gleichen Prozentsatz. Und: In Deutschland wird sogar 20% mehr Fleisch produziert als konsumiert: 8,1 zu 6,7 Millionen Tonnen im Jahr. Also möchte ich für meine weiteren Berechnungen die Produktionskapazität in Deutschland als obere Grenze für den Verbrauch ansetzen.

Ist denn eine Reduktion dieses Energieverbrauchsanteils überhaupt erstrebenswert? Immerhin reden wir nicht über „Fahre ich zum Metzger oder gehe ich zu Fuß?“ sondern über die Frage „Was esse ich, um satt zu werden und gesund zu bleiben?„. Die Meinungen gehen auseinander, ob das in Deutschland konsumierte gute Kilogramm Fleisch, Eier und Milchprodukte am Tag zu viel oder zu wenig sind. Eine sehr interessante Ernährungsform zum Beispiel, die Paleo-Ernährung, fordert:

  • sich so zu ernähren wie es der Mensch in der längsten Zeit seiner evolutionären Entwicklungsphase getan hat, als Jäger und Sammler,
  • damit ungefähr 60% des Kalorienbedarfs aus tierischen Nahrungsmittels zu decken: Fleisch, Eier, Butter (Milchprodukte sind umstritten),
  • diese Nahrungsmittel natürlich nur aus ökologischem Anbau zu beziehen, etwa Rindfleisch von im Sommer auf Weiden grasenden Tieren.

Würde jeder Deutsche sich so ernähren, wie viel Fläche würde das erfordern? Eine grobe Überschlagsrechnung für die ganze Welt haben Constantin, der Autor des Paleosophie-Blogs, und ich während des ersten Paleosophie-Podcasts letztes Jahr gemacht: Wenn sich die ganze Welt paleo-gemäß ernähren würde, wäre doppelt so viel Weidefläche erforderlich wie vorhanden. Wobei eine gewisse Unsicherheiten über die Quellenlage herrschte, wie viel Weidefläche überhaupt weltweit zur Verfügung steht und genutzt werden kann.

Also möchte ich jene Überschlagsrechnung in diesem Artikel für Deutschland genauer fassen. Alle wichtigen Zahlen finden sich nämlich in der Dissertation von Axel Woitowitz.

Wie schon erwähnt, benötigt der aktuelle Fleisch, Milch- und Ei-Konsum in Deutschland knapp 10 Millionen Hektar (11 Millionen inklusive Export). Eine Umstellung auf ökologische Landwirtschaft (bei gleichbleibendem Verbrauch) würde den Flächenverbrauch auf 14,4 Millionen Hektar vergrößern. 6 Millionen für Milchprodukte, 2 Millionen für Rindfleisch, 4,4 Millionen für Schweinefleisch und 2 Millionen für Geflügelfleisch und Eier. Alles für 30% unseres Kalorienverbrauchs (in den auch noch 2% Fisch eingehen, welches wir hier bei der Flächenbetrachtung aber ausklammern).

Was wäre also, wenn sich jeder Deutsche nach Paleo ernähren würde? Oder so viel Fleisch konsumieren würde wie ein Amerikaner?

  • Amerikaner: 122 statt 88 kg Fleisch, gleich viele Milchprodukte und Eier, alles ökologisch erzeugt: 17,2 Millionen Hektar
    -> 156% der zur Verfügung stehenden Fläche
  • Paleo: Gleich viele Milchprodukte (hauptsächlich verarbeitet als Butter), aber 3x so viel Fleisch und Eier wie heute (um auf 60% Anteil an den Gesamtkalorien zu kommen), alles ökologisch erzeugt: 31 Millionen Hektar
    -> 281% der zur Verfügung stehenden Fläche

Natürlich würde sich im Paleo-Fall der Anteil an für Getreideanbau genutzer Fläche (heute 6 Millionen Hektar) reduzieren – trotzdem läßt sich als Fazit ziehen:

Wir haben in Deutschland 2,5x zu wenig Fläche, um eine Paleo-Ernährung für jedermann zu ermöglichen. Vielmehr müßte jeder Deutsche seinen Milchprodukt-, Fleisch- und Ei-Konsum um 30% einschränken, um eine ökologische Herstellung dieser Güter auf den in Deutschland zur Verfügung stehenden Flächen zu ermöglichen.

Was meint Ihr? Mehr Fleisch oder weniger Fleisch? Sollten wir unsere Nahrungsmittelwahl überhaupt von Ressourcengrenzen wie Energieeinsatz, CO2-Äquivalent oder Flächenverbrauch einschränken lassen? Schreibt einen Kommentar und teilt Eure Meinung zu den Zahlen oben mit allen Lesern!

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Wir Energieverschwender, Teil 3 – Das Auto

Lupo3L Drehzahlmesser (Quelle: Wikipedia)

Lupo3L Drehzahlmesser (Quelle: Wikipedia)

Vor zwölf Jahren fuhr ein VW Lupo 3L mit 793 Litern Diesel um die Welt – ein Durchschnittsverbrauch von 2,4 Litern Diesel auf 100km. Auch heute noch führt dieses Fahrzeug die Sparsamkeitsrangliste auf spritmonitor an: Die 158 Lupo 3Ls dort verbrauchen im Schnitt 3,7 Liter, die Spitzengruppe ist nicht weit weg von den Rekordwerten der Weltreise aus dem Jahr 2000.

Damals wie heute, und auch 1991 schon, lag der Primärenergieverbrauch für den automobilen Individualverkehr bei gut 14 KWh pro Tag und Person. Platz 2 auf unserer Energieverschwenderliste. Gleichzeitig ist der Durchschnittsverbrauch aller Autos in Deutschland (Otto- und Dieselmotoren) laut Wirtschaftsministerium seit 1990 von 8,8 auf 6,6 Liter pro 100km gefallen. Fortschritte bei der Motorentechnologie wie beim Lupo 3L wurden also offensichtlich durch erhöhte Fahrleistungen wieder ausgeglichen.

Wie viel Effizienzpotential steckt noch im Auto? Sind Werte jenseits der 2,4 Liter auf 100km möglich? Antwort: Nein. Nicht mit Autos heutigen Gewichts und heutiger Größe.

Die zugrundeliegende Physik hat David MacKay in seinem Buch „Renewable Energy – Without the Hot Air“ (deutsch bei Thomas Kerscher) ausführlich hergeleitet: Anhang A: Autos II (Link zur deutschen Fassung). Im wesentlichen hängt der physikalische Energieverbrauch beim Autofahren von der Geschwindigkeit, dem Gewicht, dem cw-Wert und der Querschnittsfläche ab. Weniger als diese Energie kann ein Auto für eine bestimmte Wertekombination aus Geschwindigkeit, Gewicht, cw-Wert und Querschnittsfläche nicht brauchen. Setzt man diese Energie zu dem tatsächlich gemessenen Spritverbrauch in Relation, kommt man auf einen Wirkungsgrad: Nutzenergie zu eingesetzte Primärenergie.

Mit Hilfe des „Wirkungsgradrechners für Autos“ bei pege.org geht das ganz einfach. Ich habe die Rechnung mal für meinen Skoda Roomster gemacht. Der wiegt laut Datenblatt 1322 Kilogramm, hat einen cw-Wert von  0,325 und eine Querschnittsfläche von 2,71 Quadratmeter. Bei konstant 100km/h braucht er damit mindestens 15,2 KWh Energie 100km.

Tatsächlich verbraucht der Roomster bei 100km/h etwa 4,2 Liter Diesel, also 40 KWh Energie. Der Wirkungsgrad beträgt damit 37%.

Der „Wirkungsgradrechner für Autos“ beantwortet auch die Frage, warum ein Skoda Fabia Combi – gleiche Plattform, gleicher Motor – einen 12% niedrigeren Normverbrauch als der Roomster hat: 7% weniger Gewicht, etwas besserer cw-Wert, aber vor allem 10% weniger Querschnittsfläche als der doch recht hoch bauende Roomster. So errechnet pege.org 12,6% weniger Energie für eine Geschwindigkeit von 100km/h. Gleicher Motor, gleicher Wirkungsgrad, also 12,6% niedriger Normverbrauch!

Womit wir zurück bei meinem „Nein“ zu der Frage sind, ob Autos noch viel sparsamer werden können. Denn das können sie nur, wenn sie deutlich leichter und (von der Querschnittsfläche her) kleiner werden.

Der Lupo 3L zB wiegt nur 830kg, hat einen cw-Wert von 0,29 und eine Querschnittsfläche von 2,36qm. Setzt man das Durchschnittstempo der Weltrekordfahrt an (86km/h), so errechnet sich dafür mit pege.org ein Motorwirkungsgrad von 41% – gar nicht so viel besser als beim Standard TDI Motor meines Roomsters. Der Schlüssel zum Rekordverbrauch ist hauptsächlich das geringe Gewicht!

Das für 2013 geplante „1-Liter-Auto“ VW XL-1 soll 795kg wiegen, einen cw-Wert von 0,186 und eine Querschnittsfläche von nur 1,93qm haben. Das ergäbe bei einem Wirkungsgrad von 41% einen Dieselverbrauch von 1,5 Litern. Für den angestrebten Verbrauch von 0,9 Liter Diesel wäre ein Wirkungsgrad von 68% nötig – herausfordernd aber nicht technisch unmöglich.  Vor allem, wenn dank Hybridtechnik ein außerhalb der Dieselbilanz aufgeladener Elektromotor hilft, die zum Vortrieb nötigen 6 KWh/100km aufzubringen.

Fazit: Deutlich bessere Verbrauchswerte beim Automobil sind nur möglich wenn:

  • Das Fahrzeuggewicht deutlich sinkt. Ein Mittelklasse Bestseller wie der Audi Q5 wiegt heute allerdings eine satte Tonne mehr als ein Lupo 3L im Jahr 2000.
  • Die Querschnittsfläche deutlich kleiner wird. Unter 2qm bedeutet Sportwagen-Flunderprofil wie beim XL-1, ein Kleinwagen hat 2,5qm. Der Trend (siehe Q5 oben) geht allerdings über die 3qm hinaus.
  • Der Wirkungsgrad des Motors besser wird. Dieselmotoren sind hier effizienter als Ottomotoren – aber eine Verbesserung weit über die 41% hinaus ist nicht absehbar. Hybridkonzepte heben den Teillastwirkungsgrad (Stadtverkehr) von um die 10% mehr in Richting der 41%, weil Elektromotoren Wirkungsgrade von über 90% erreichen. Allerdings muß bei Strom natürlich immer beachtet werden, daß bei der Erzeugung – so nicht aus Wind, Sonne oder Wasserkraft hergestellt – 46% Wirkungsgrad anfällt.
  • Wir einfach weniger fahren. Verbrauch ist schließlich Effizienz „Liter pro Kilometer“ mal „Kilometer“. Weniger Kilometer, weniger Verbrauch. Also mehr Fahrradfahren. David MacKay hat die oben diskutierten Einflußfaktoren Gewicht und Querschnittsfläche auch für Fahrräder ausgerechnet. Das Ergebnis: Verglichen mit einem mit einer Person besetzten Durchschnitts-Auto ist ein Fahrrad 30x energieeffizienter.

Was meint Ihr? Wie spart Ihr Sprit? Trauert Ihr dem Lupo 3L nach? Oder seid Ihr schon auf der Warteliste für den XL-1? Schreibt einen Kommentar und teilt Eure Meinung zu den Zahlen oben mit allen Lesern!

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Die Cloud ist grün

Gestern hat Greenpeace eine Studie „How green is your cloud (PDF)“ vorgestellt. Ein Thema, was auch mich schon länger umtreibt. Im wesentlichen werden bei Greenpeace zwei Punkte thematisiert:

  1. Das Internet (heutzutage gerne als „Cloud“ bezeichnet) verbraucht zunehmend viel Strom
  2. Dieser Strom kommt in vielen Fällen nicht nachweisbar aus „grünen“ Quellen.

In diesem Artikel möchte ich Punkt (1) näher untersuchen. Greenpeace sagt, daß von 2005 – 2010 der Stromverbrauch von Rechenzentren um 56% gestiegen ist, weil dort mehr und mehr unserer Daten verarbeitet werden. Man könnte diese Studie daher so verstehen, daß die Cloud den Trend zu immer mehr persönlichem Stromverbrauch verstärkt.  Dem möchte ich entschieden widersprechen: Denn die Betreiber von Cloud Rechenzentren zähle ich zu der in meinem „Wie setzten sich die 125KWh Energieverbrauch pro Tag und Person zusammen?“-Bild zur Gruppe „Industrie“. Dort ist seit 1990 der Stromverbrauch um 17% gesunken, relativ zum Bruttosozialprodukt noch viel mehr. Warum? Weil in der Industrie Stromverbrauch ein maßgeblicher Kostenfaktor ist, der ständig optimiert wird. Ganz im Gegensatz zu den Privathaushalten, wo ein paar KWh mehr anscheinend nicht so schmerzen.

Aus energetischer Sicht ist Cloud Computing also effizient, weil für die Betreiber von Rechenzentren Strom einer der größten Kostenblöcke ist. Jede gesparte KWh pro Kunde bedeutet mehr Gewinn.
Cloud Computing hat damit grundsätzlich das Potential, Rechenleistung vom tendenziell ineffizienten IT-Betrieb zu Hause durch hocheffizienten, zentralisierten IT-Betrieb in der Cloud zu ersetzen. Gut im Sinne der Energieeffizienz.

Nehmen wir als konkretes Beispiel meine Infrastruktur zu Hause. Ich betreibe einen Homeserver auf einem EeePC der ersten Generation, der 450 Wh Strom am Tag verbraucht. Ein halbe Kilowattstunde, mehr als ein moderner Kühlschrank. Dieses Blog dagegen wird bei Strato gehostet, also in der „Cloud“. Wie viel Strom verbraucht es wohl?

Im Jahr 2009 hat Strato verkündet, daß seine zwei Rechenzentren mit 40.000 Servern so viel Strom verbrauchen wie 5000 4-Personen-Haushalte. Das sind (wieder anhand meiner Lieblingstabelle, den BMWi Energiedaten, umgerechnet) 94.000 KWh am Tag. Auf den 40.000 Servern werden vier Millionen Domains gehostet. Manche davon brauchen mehr Leistung, andere weniger – ich nehme hier mal an, daß der Wattrechner etwa in der Mitte liegt. Wenn sich mit 94.000 KWh also ungefähr vier Millionen Wattrechner betreiben lassen, so verbraucht ein www.wattrechner.de 24 Wh am Tag – fast 20x weniger als mein schon sehr sparsamer EeePC Server zu Hause.

Woran liegt das? An der Serverauslastung, und damit eigentlich an der Effizienz „Rechenzyklen pro Strom“. Auch ein Server, der nichts zu tun hat, braucht Strom – und mein Server zu Hause hat meist nichts zu tun, sondern wartet, daß wir etwas von ihm wollen. Bei Strato in der Cloud hostet jeder Server um die hundert Domains wie www.wattrechner.de – er hat also immer was zu tun, die Auslastung ist viel höher. Ein vollbesetzter ICE ist ja auch viel effizienter als die hundert Autos mit jeweils nur einem Fahrer auf der Autobahn daneben.

Ist noch mehr Effizienz möglich? Allerdings. Die Anzahl an Rechenoperationen pro Energieanteil verdoppelt sich alle 1,5 Jahre. Bald wird Strato pro Server also 200, später 400 Blogs wie dieses hosten können. Ein modernes Smartphone hat zwar nicht 500GB ausfallsicheren Speicherplatz wie mein Homeserver, kann aber in der reinen Rechenleistung mit meinem vier Jahre alten EeePC mithalten. Und das – bei gelegentlicher Benutzung – mit einer Akkuladung , also typischerweise 5,5 Wattstunden Energie am Tag!

Es mag viele Bedenken zur Cloud geben (Sind meine Daten sicher? Komme ich an meine Daten wenn das Internet gestört ist? Wie lange dauert es, große Datein zu laden usw) – der Stromverbrauch der Cloud-Rechenzentren sollte jedoch unsere geringste Sorge sein.

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Wir Energieverschwender, Teil 2 – Die Heizung zu Hause

„If we’re going to get this country out of its current energy situation, we can’t just conserve our way out. We can’t just drill our way out. We can’t bomb our way out. We’re going to do it the old-fashioned, American way. We’re going to invent our way out, working together.” 

Das sagt Donald Sadoway zu Beginn seines sehr empfehlenswerten TED Talks über Batterien aus flüssigem Metall. Ich stimme ihm zu: Bohren ist keine Lösung, Bomben schon gar nicht, aber: Neben Innovationen gehört selbstverständlich auch Sparsamkeit zur Ressourcenschonung dazu.
Fortschritt ist, wenn sich ein besserer Lebensstandard mit weniger, aber dafür effizienter in Nutzenergie gewandelter Primärenergie erreichen läßt.

In diesem Sinne möchte ich heute in Teil 2 meiner kleinen „Energieverschwender“-Reihe jenes in Teil 1 beschriebene Phänomen genauer untersuchen, daß trotz steigender Effizienz (=Innovation) der absolute Energieverbrauch im persönlichen Bereich (Haushalt und Verkehr) in Deutschland  seit 1990 um 5% gestiegen ist. Fangen wir an mit dem größten Anteil daran:

Der Heizung zu Hause.

Jeder Deutsche verheizt im Jahresmittel 19 Kilowattstunden Energie am Tag – Gas, Öl, Erneuerbare Brennstoffe, Fernwärme und Kohle. Eventuell noch in Betrieb befindliche elektrische Nachtspeicherheizungen lassen wir dabei außen vor, ebenso wie Wärmepumpen – deren Stromverbrauch ist Teil der 5 KWh Strom, den jedermann jeden Tag verbraucht. Selbst wenn wir annehmen, daß 10KWh Primärenergie eingesetzt werden, um die 5KWh Strom zu erzeugen (genauere Rechnung folgt, wenn wir den Stromverbrauch analysieren), so verbrauchen wir doch über das Jahr gesehen zum Heizen mindestens doppelt so viel Energie wie für elektrische Geräte.

So viel? Es gab doch jede Menge Innovationen seit 1990! Gasbrennwertkessel, Niedertemperatur-Fußbodenheizungen, Wärmeschutzfenster, EnEV 2002, 2004, 2007 und 2009…

Schauen wir mal die Entwicklung des von Wärmeschutzverordnungen bzw. Energieeinsparverordnungen (EnEV) über die Jahre verlangten Maximalverbrauchs an (gefunden bei Passipedia):

Die aktuelle EnEV 2009 sieht als maximalen Primärenergiebedarf für Heizung und Warmwasser sogar typischerweise nur noch 70 KWh/m2 pro Jahr vor, also etwa die Mitte zwischen EnEV 2002 und Passivhaus. Das ist immerhin eine Vervierfachung der Effizienz im Vergleich zum vor 1984 gebauten Bestand! Oder anders formuliert: Dank Innovation werden im Jahr 2012 Häuser schon standardmäßig so gebaut, daß 80% der Energieeinsparung auf dem Weg vom „Bestand vor 1984“ bis zum „Nullheizenergiehaus“ realisiert werden. Eine eindrucksvolle Bestätigung des Pareto-Prinzips: „Mit 20% Aufwand 80% Wirkung“.

Aber warum ist dann der absolute Heizenergiebedarf in Deutschland gestiegen? Die Antwort liefert – wie beim letzten Mal – der Mutter aller Energiestatistiken, die “Energiedaten” des BMWi. Multiplizieren wir dort nämlich den Heizenergiebedarf pro Einwohner mit der Wohnfläche pro Einwohner, so kommen wir für die Jahre 1990 – 1994 auf 200 KWh/m2/a, für die Jahre 2006 – 2010 nur noch auf 160 KWh/m2/a. Ich habe mit Fünf-Jahres-Durchschnittswerten gerechnet, um mögliche kalte Winter „herauszurechnen“. Es ist also ein klarer Trend nach unten zu erkennen, allerdings ist der durchschnittliche Energieverbrauch im Bestand 2010 immer noch mehr als doppelt so hoch wie bei Neubauten nach EnEV 2009.

Gleichzeitig ist im gleichen Zeitraum die Wohnfläche pro Einwohner von 35qm auf 43qm gestiegen.  Das sind 23%. Der Heizenergiebedarf pro Quadratmeter ist um 20% gesunken, womit das Geheimnis um den steigenden absoluten Heizenergieverbrauch gelöst ist: Die innovationsgetriebene Effizienz konnte nicht schnell genug umgesetzt werden, um den steigenden Lebensstandard auszugleichen!

Wo sind also die Hebel im Bereich Heizung, in der Energieeffizienzrangliste ein paar Plätze nach vorne zu rücken?

Die Antwort ist meiner Meinung nach die Konzentration auf beschleunigte energetische Modernisierung des Bestands: Die Heizungstechnik, Dämmung, Fenster auf den Level der EnEV 2009 zu bringen hat noch ein Reduktionspotential von etwa 90 KWh/m2/a – und damit (ohne weiteres Wohnflächenwachstum pro Person) 11 KWh Reduktion auf 8 KWh Primärenergieverbrauch pro Tag und Person. Eine Reduktion des Gesamtenergieverbrauchs pro Person und Tag von 125 KWh auf 114 KWh würde Deutschland im Weltbank-Energieeffizienz-Länderranking fünf Plätze nach vorne bringen, von Platz 28 auf Platz 23.

Wo stehe ich selbst? Ein Massivbau-Reihenhaus mit Gasheizung, bewohnt von vier Personen. Laut meinem Energieausweis von 2008 liegt der Ist-Wert für den Primärenergiebedarf bei 78,5 KWh/m2/a für 218m2 Nutzfläche. Pro Person lägen wir damit bei 11,7 KWh am Tag. Die tatsächlichen Gasrechnungen seit 2009 ergeben 52,3 KWh/m2/a, also 7,8 KWh pro Person und Tag. Also trotz überdurchschnittlich großer beheizbarer Nutzfläche pro Person trotzdem der im vorherigen Absatz beschriebene Zielwert. Uff.

Wie sieht es bei Euch aus? Sollten wir uns auf die energetische Modernisierung älterer Häuser konzentrieren oder lieber nur noch Passivhäuser im Neubau zulassen? Schreibt einen Kommentar und diskutiert mit!

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Wir Energieverschwender, Teil 1

Platz 28 bei der Energieeffizienzweltmeisterschaft. Immerhin Platz 15 beim Verbessern der Effizienz seit 1980. Und 1992 waren wir schon mal auf dem achten Platz. Da geht noch was, habe ich beim letzten Mal geschrieben.

Wo genau noch was gehen könnte, will ich heute und in den nächsten Artikeln genauer untersuchen. Beginnen werde ich mit einer Analyse, aus welchen Bestandteilen sich der Energieverbrauch in Deutschland zusammensetzt, welche Trends zu erkennen sind und welche Anteile jeder von uns sofort und direkt beeinflussen kann. In den dann folgenden Artikeln werde ich jeden dieser direkt beeinflussbaren Anteile genauer beleuchten: Wie war die Entwicklung in den letzten 20 Jahren? Wie ist die Situation heute? Welche theoretischen und praktischen Effizienzpotentiale gibt es noch?

Aber fangen wir am Anfang an: Der Mutter aller Energiestatistiken, die „Energiedaten“ herausgegeben und regelmäßig aktualisiert vom Bundeswirtschaftsministerium, sind als Spreadsheet (2,2MB) herunterladbar. Die meisten Kennzahlen sind dort für die Jahre von  1990 bis 2010 verfügbar. Ich habe diese Zahlen (angelehnt an David MacKay’s Buch “Sustainable Energy – without the hot air” – Deutsche Version bei Thomas Kerscher) auf die für mich am besten faßbare Größe „Kilowattstunden pro Tag und Einwohner“ (KWh/Tag/E) umgerechnet. Für 2010 kommt ein Primärenergieverbrauch von 131 KWh pro Tag für jeden Einwohner in Deutschland heraus, welcher sich wie folgt aufteilt:

Schauen wir uns jeden Balken an, von unten nach oben:

  • 37 KWh gehen jeden Tag im Energiesektor verloren: Im Kraftwerk und bei der Verteilung
  • 9 KWh werden industriell weiterverarbeitet, zum Beispiel wird aus Öl Kunststoff hergestellt
  • 24 KWh wird in der Industrie dann tatsächlich verbraucht, als Prozeßwärme oder als mechanische Energie für Maschinen
  • Ebenfalls 24 KWh werden im Verkehrssektor verbraucht: PKWs, LKWs, Bahn und Flugzeuge
  • Auch 24 KWh verbrauchen die privaten Haushalte, meist für Heizung und Strom
  • 13 KWh schließlich werden im Gewerbe, Handel und Dienstleistung verbraucht, auch hier meist Heizung und Strom

Als nächstes können wir uns die einzelnen Anteile im Detail anschauen. Wie hat sich der Wert über die letzten 20 Jahre verändert? Welcher Teil der 131 KWh pro Tag und Person lassen sich von dieser Person direkt individuell beeinflussen?

Aus dieser Tabelle lassen sich einige interessante Schlüsse ziehen:

  1. Der Primärenergieverbrauch pro Einwohner ist nicht nur relativ (pro 1000€ Bruttosozialprodukt, wie im letzten Artikel beschrieben), sondern auch absolut gefallen: Jeder Deutsche verfeuert 8,5% weniger Kohle, Öl, Gas und Uran als 1990
  2. Die absoluten Verluste bei Energieerzeugung und -verteilung sind um 13% geringer geworden
  3. Der Verbrauch in Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen ist um 17% bzw. 23% gefallen. Und zwar absolut, über einen Zeitraum in dem das Bruttosozialprodukt um 30% gestiegen ist. Ziemlich effizienzweltmeisterlich!
  4. Der Energieverbrauch der Bereiche Verkehr und Private Haushalte dagegen ist gestiegen: Um 4% bzw. 6%!

Das müssen wir uns genauer anschauen. Trotz aller Energiesparkampagnen seit den 80er Jahren (wer erinnert sich wie ich noch an die bundesbunten „Ich bin Energiesparer“ Aufkleber?) ist der Verbrauch gestiegen? Das müssen die ganzen LKWs auf den Autobahnen sein, oder?

Die Antwort ist nein. In der Tabelle oben habe ich alle Anteile, die jeder individuell und direkt beeinflussen kann, gelb hervorgehoben. Als deutscher Staatsbürger ist man natürlich auch indirekt verantwortlich für den Dieselverbrauch einer Spedition oder den Stromverbrauch einer Aluminiumhütte – daher sind diese Verbräuche ja auch in die 131 KWh pro Tag und Person eingerechnet. Aber beeinflussen lassen sich diese Verbräuche nur indirekt: Durch Konsumentscheidungen, Einflußnahme am Arbeitsplatz, oder Wahlverhalten.

Sehr direkt beeinflussen lassen sich jedoch Verbräuche wie Individualverkehr (Fahre ich mit dem Auto oder dem Fahrrad zum Bäcker?), Strom (Mache ich das Licht hinter mir aus?) und Heizung (Stelle ich den Thermostaten auf 1°C weniger ein, dämme ich mein Haus wenn möglich?). Zählt man diese Anteile zusammen, kommt man auf knapp
41 KWh pro Tag und Person – 32% des gesamten Primärenergieverbrauchs pro Person.

Und dieser Wert ist seit 1990 sogar um 13% gestiegen, mehr als doppelt so schnell wie der Anstieg bei Haushalt und Verkehr allgemein.

Sind wir also alle Energieverschwender? Welche Hebel gibt es, dass der individuell und direkt beeinflussbare Energieverbrauch Deutschland bei der Energieeffizienz-weltmeisterschaft keine Plätze mehr kostet, sondern unterstützt? All das soll Thema der nächsten Folgen dieser Artikelreihe sein:

  • Teil 2 der Serie behandelt den größten privaten Verbrauchsblock, die Heizung
  • Teil 3 der Serie analysiert Effizienzpotentiale des zweitgrößtes Blocks, dem Auto

Überrascht Euch der Anstieg des privaten Energieverbrauchs? Verbraucht Ihr auch 13% mehr Kilowattstunden für Strom, Heizung, Fliegen und Autofahren als 1990? Schreibt einen Kommentar und teilt Eure Meinung zu den Zahlen oben mit allen Lesern!

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Energieeffizienzverbesserungsweltmeister

Ein Etikett, welches uns Deutschen gerne angehängt wird (und welches wir auch gerne tragen) ist, ein ganz allgemein recht effizientes Völkchen zu sein sein. Nicht nur beim Bilden von Komposita, sondern insbesondere auch was die Energieeffizienz angeht.

Die Broschüre „Energie in Deutschland (PDF)“ des Bundeswirtschaftsministeriums zum Beispiel enthält auf Seite 25 ein beeindruckendes Chart, welches stolz verkündet, daß in Deutschland seit 1990 der Energieverbrauch pro Person von 188 auf 163 GJ (also von 143 KWh/Tag auf 125 KWh/Tag) gesunken ist. Der Energieverbrauch pro 1000€ Bruttosozialprodukt ist sogar noch stärker gefallen: Von 8,6 GJ auf 6.1 GJ. In 1000€ Bruttosozialprodukt stecken heutzutage also etwa 1700 KWh Energie. 1990 waren es noch 2400 KWh.

Sind wir in Deutschland also Energieeffizienzweltmeister? Wie stehen wir im Vergleich zu anderen Ländern dar? Um diese Frage zu beantworten, habe ich frei verfügbaren Daten der Weltbank herangezogen. Dort gibt es Daten zu „GDP per unit of energy use (constant 2005 PPP $ per kg of oil equivalent)“ für fast alle Länder dieser Welt von 1980 bis 2009. Eine Fundgrube für den Wattrechner! Also legen wir los.

Wie gut ist die absolute deutsche Energieeffizienz (also die 1700 KWH pro 1000€ Bruttosozialprodukt) im Vergleich?

Laut Weltbank hatte Deutschland in 2009 einen Wert von 8,27 $ (normiert auf das Jahr 2005) Bruttosozialprodukt pro kg Öl-Äquivalent. Die Weltbank verwendet also andere Einheiten für Energie und Geld als das BMWi. Zum Glück stört das aber nicht, denn wir wollen ja nur relative Entwicklungen vergleichen. Also Länder untereinander oder die Entwicklung eines Landes über die Zeit. Nehmen wir also einfach an, daß die 8,27$ pro kg Öl den 59 Cent (=1000/1700) pro KWh des BMWi entsprechen. Ist Deutschland Weltmeister?

Nein. In der Gruppe der Länder mit besseren Werten als der Durchschnitt (5,47 $/kg Öl) liegt Deutschland in der oberen Hälfte auf Platz 28. Also immerhin Endrunde. Weltmeister allerdings ist Hong Kong mit einem Wert von 18,45 $/kg Öl. Die Schweiz und Großbritannien liegen knapp über 10 $/kg Öl. Aber Deutschland hat ja nun eine recht energieintensive Industrie, braucht also ein relativ hohes Niveau von Energieeinsatz für jeden Euro Bruttosozialprodukt Also weiter mit Frage Nummer Zwei:

Wie gut ist die Verbesserung der Energieeffizienz im Vergleich?

Auch hier schauen wir auf die Weltbankdaten und vergleichen den Zeitraum 1980 bis 2009. Ergebnis: Achtelfinale, Platz 15 mit 81% Verbesserung seit 1980. Weltmeister ist China – beeindruckende 326% Effizienzverbesserung, allerdings ausgehend von einem extrem niedrigen Niveau im Jahr 1980. Die absolute Energieeffizienz von China ist auch heute erst knapp halb so gut wie in Deutschland. Interessant zwei weitere Kandidaten: USA auf Platz 12, mit 107% Verbesserung auf ein Niveau von ca. 70% des absoluten deutschen Wertes; und Frankreich auf Platz 41 mit nur 27% Verbesserung, dessen absoluten Effizienzwert Deutschland seit dem Jahr 1991 übertroffen hat.

Das Diagramm unten zeigt die Entwicklung für ausgewählte Länder und Regionen. Alle Zahlen wurden auf einen gemeinsamen Startwert von 100% im Jahr 1980 normiert. Zum Vergleich habe ich zusätzlich die Entwicklung des Ölpreises (Jahresendwert laut Wikipedia) hinzugefügt.

Man sieht, daß die Welt und die Euro Länder als ganzes ihre Energieeffizienz seit 1980 um ca. 1,2% pro Jahr gesteigert haben, heute also pro eingesetzte KWh 34% bzw 42% mehr Bruttosozialprodukt erzeugen können. Für Deutschland hat sich die Effizienz um 2% pro Jahr verbessert. Schaut man gleichzeitig auf den Ölpreis, und nimmt stark vereinfachend an, daß der Ölpreis das Preisniveau von Primärenergie grob nachbildet, so heißt das:

Deutschland ist zwar effizienter geworden, zahlt aber heute für jeden Euro Bruttosozialprodukt ungefähr den gleichen Anteil für Energie als 1980. Ebenso die USA. Für andere Länder gilt das nicht: Im Durchschnitt muß heute pro $ Bruttosozialprodukt das doppelte für Energie aufgewendet werden als von 30 Jahren. Vorsprung durch Technik – aber Energieeffizienzverbesserungsweltmeister sind wir noch nicht. 1992 waren wir schon mal auf dem achten Platz – da geht also noch was!

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Zur Energiebilanz des Ostereis

Egal wie das Wetter zu Ostern ist – ein buntes Osterei (vom Huhn, nicht aus Schokolade) gehört zum Osterfrühstück wie das Glöckchen zum Osterhasen (dem aus Schokolade, nicht aus Hase).

Wie viele Kilowattstunden stecken in einem Ei? Nichts wofür es keine detaillierte wissenschaftliche Analyse gäbe – schauen wir also nach in: Legehuhnzucht und Eiererzeugung Empfehlungen für die Praxis (PDF), herausgegeben vom Bundeslandwirtschaftsministerium.

Der interessierte Wattrechner findet dort zunächst (auf Seite 162), daß der „Wirkungsgrad“ eines Huhns (also Kilogramm Eier zu Kilogramm Futter) sich zwischen 1968 und 2001 um sage und schreibe 63% verbessert hat. Interessanterweise ist das die gleiche prozentuale Verbesserung wie beim Wirkungsgrad von Braunkohlekraftwerken im gleichen Zeitraum.

Aber zurück zur Energiebilanz des Ostereis. Dazu schauen wir ab Seite 168 auf die CO2-Bilanz: Für ein ökologisch „hergestelltes“ Ei werden ca. 1,5kg CO2 bzw. CO2-Äquivalent (wie zB Methan) pro Kilogramm erzeugt. Der „ökologische Rucksack“ eines Freilandeis ist damit (pro Gramm) doppelt so gut wie für Hühnerfleisch und 6x so gut wie für Rindfleisch. Ein Ei wiegt 65 Gramm – bei der Erzeugung sind also umgerechnet 100 Gramm CO2 angefallen. Genau so viel, als wenn:

Also: Ein Ei hat den gleichen CO2-Fußabdruck wie 177 Wattstunden oder 0,18 KWh im deutschen Strommix erzeugten Stroms. Und der Schokoladenhase mit dem Glöckchen? 50 Gramm Schokolade enthalten 125 Wattstunden graue Energie. Alufolie benötigt zur Erzeugung 13 Wattstunden pro Gramm. Der Schokohase wiegt verpackt 52 Gramm und enthält somit insgesamt 151 Wattstunden graue Energie, oder 3 Wattstunden pro Gramm Gesamtgewicht. Seltsamerweise fast exakt der gleiche Wert wie für das Ei.

Guten Appetit!

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