Das nächste 3-Liter-Auto fährt elektrisch – nur wann?

Mitsubishi i MiEV

Mitsubishi i MiEV (Quelle: Wikipedia)

Letzte Woche habe ich mich an das erste „3-Liter-Auto“, den Lupo 3L, erinnert und nachgerechnet, daß der geringe Dieselverbrauch damals hauptsächlich dem geringen Fahrzeuggewicht und geringer Querschnittsfläche geschuldet war.

Der Wirkungsgrad des Lupo 3L Motors (innerorts und außerorts kombiniert nach NEFZ) ist 26%. Ein elektrischer Antrieb mit 78% Wirkungsgrad sollte also sogar ein 1-Liter Auto möglich machen, oder?

Rechnen wir nach. Um Vergleichbarkeit herzustellen, benutzen wir den oben schon erwähnten NEFZ Fahrzyklus. Damit ermittelte Verbrauchsdaten kennt jeder unter dem Stichwort „Außerorts/Innerorts/kombiniert“. NEFZ Innerorts simuliert Stadtfahrt – Beschleunigen auf 16km/h, an der Ampel halten, wieder beschleunigen auf 32km/h, an der Ampel halten, beschleunigen bis 50km/h (hurra), wieder halten – der ganze Zyklus vier mal, knapp vier Kilometer in 13 Minuten. NEFZ Außerorts simuliert Landstraße – in Schritten Beschleunigen bis zuerst 70km/h, danach auf 120km/h – knapp sieben Kilometer in knapp sieben Minuten.

Tachy von www.nie-mehr-benzin.de hat einen tollen NEFZ Rechner (XLS-Datei) ins Netz gestellt, welcher anhand der gleichen Eingangsdaten, die auch ich letzte Woche verwendet habe (Fahrzeuggewicht, Querschnittsfläche, cw-Wert und Rollwiderstand), den Mindestenergieaufwand zum Durchfahren des NEFZ Zyklus ausrechnet. Damit können wir jetzt Wirkungsgrade vergleichen – vom Lupo 3L, einen ähnlich großen Elektrofahrzeug, dem Mitsubishi I-MiEV, und als Ehrengast wieder meinem Roomster.

Schauen wir auf die „NEFZ Kombiniert“ Werte.

Erste Frage: Sind die offiziellen NEFZ Verbrauchswerte realistisch? Diese Frage kann eindeutig mit „Ja“ beantwortet werden: Mein Roomster-Durchschnittsverbrauch bis jetzt ist 4,5 Liter/100km, der Durchschnittsverbrauch von acht I-MiEV Fahrern auf spritmonitor.de entspricht verblüffend genau dem NEFZ Wert von 13,5 KWh/100km, und die Top 10 der Lupo 3L Fahrer dort erreichen ebenfalls die 3 Liter/100km.

Zweite Frage: Ist ein Elektroauto effizienter (und sind 78% Wirkungsgrad machbar)? Antwort: Ebenfalls ganz eindeutig „Ja„. Der Wirkungsgrad ist in allen Fahrzyklen wo auch beschleuigt und gebremst wird ist immer 3x besser als die Dieselmotoren des Lupo oder Roomster. Beim Fahrzyklus „NEFZ kombiniert“ erreicht das Elektroauto sogar 88% Wirkungsgrad.

Dritte Frage: Ist das Elektroauto absolut sparsamer im Umgang mit Primärenergie, also ein echtes „1-Liter-Auto“? Und hier ist die Antwort ein nachdrückliches „Es kommt darauf an„:

  • Erstens wiegt der I-MiEV fast 30% mehr als der ähnlich große Lupo, braucht also schon mal absolut mehr Energie: 13,5 KWh/100km entspräche einem „1,35-Liter-Auto“
  • Zweitens gilt „Strom aus der Steckdose = Primärenergie“ nur wenn dieser 100% aus Sonne, Wind oder Wasser stammt. Wenn dies nicht garantiert werden kann, müssen wir zum Verbrauch die Verluste im Kraftwerk und Stromnetz hinzurechnen.
    Wie hoch sind diese in Deutschland anzusetzen? Dazu schaue ich mal wieder in die BMWi Energiedaten, und setze gesamte Stromerzeugung und Verluste im Energiesektor (Erzeugung und Verteilung) ins Verhältnis. Für 2010 kommt ein Wirkungsgrad von 32% heraus. Damit wird der 3x bessere Wirkungsgrad des I-MiEV Motors komplett wieder aufgefressen. Es bleibt ein durch das höhere Gewicht bedingter absolut höherer Energieverbrauch als der Lupo 3L. Der I-MiEV ist dann ein 4-Liter Auto – kaum besser als der deutlich größere Roomster.

Ein schönes Bild, welches Energieverbrauch von Elektroautos und konventioneller Fahrzeuge in Beziehung setzt (in Abhängigkeit wo der Strom produziert wird), findet sich bei der Agentur für Erneuerbare Energien.

Fazit: Als Mittel, unseren „125 KWh Primärenergie pro Person und Tag“ Fußabdruck zu senken, eignen sich Elektroautos nur dann, wenn wir aus diesen 125KWh vorher schon die Stromerzeugungsverluste hinunteroptimiert haben. Zum Beispiel durch Ausbau von Wind- und Solarstrom.

Das nächste 3-Liter-Auto in Größe eines Lupo wird elektrisch fahren, und zwar genau dann, wenn der Wirkungsgrad des Stromerzeugungs- und Stromverteilungsystem 45% erreicht hat. Extrapoliert man die Effizienzgewinne seit 1990 (6 Prozenzpunkte) in die Zukunft, müssten wir bis 2050 warten. Wollen wir hoffen, dass das mit Hilfe der Energiewende schneller geht…

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