Ohne Netz aber mit doppeltem Boden

Update 27.06.15: Der erste Solarcontainer wurde über Bettervest erfolgreich finanziert und steht kurz vor der Auslieferung. Aktuell sucht die Plattform Greenvesting Investoren für einen zweiten Container. Gleiche technische Daten und Finanzierungskonditionen, ebenfalls Mali. Daher habe ich meinen Blogbeitrag entsprechend modifiziert.

Manchmal kommt mir das Wattrechnen ja wie eine Luxusbeschäftigung vor. Cloudspeicher oder Homeserver, Stromfressersuche im Haushalt – all das geht von einem rund um die Uhr zur Verfügung stehenden Netz aus – es muß halt erst einmal etwas da sein, bevor die Nutzung optimiert werden kann. Wobei „optimal“ niemals „Null Verbrauch“ bedeuten wird – zu wertvoll sind mir Dienste wie Kühlschrank, Licht, Computer usw.

Doch wo kommt der Strom für solche Dienste in Gemeinden ohne Netzanschluß her, zB in Afrika? Die effizienteste Lösung nach Kapitaleinsatz und Betriebskosten sind dort Dieselgeneratoren, die aktuell Strom für ca. 42 €-Cent die Kilowattstunde produzieren können. Vorteil: Das Verhältnis von Investitionskosten zu Betriebskosten ist nur 1:10. Nachteil: Die Betriebskosten folgen dem Dieselpreis, welcher über die nächsten Jahre (inbesondere vom aktuellen Niveau Anfang 2015) höchstwahrscheinlich weiter steigen wird. In Deutschland hat er das die letzten 15 Jahre mit im Durchschnitt 4% pro Jahr getan.

Nun liest man ja überall, daß die Gestehungskosten für Solarstrom in den letzten Jahren kräftig gefallen sind: Panel, Wechselrichter usw. seit 2006 um den Faktor Fünf, Speicher um den Faktor Drei. Trotzdem kostet ein Solarkraftwerk immer noch 8x so viel wie ein vergleichbares Dieselaggregat. Dafür sind über die Wartungskosten hinaus die Betriebskosten gleich Null. Stellt sich also die Frage, ob sich das ganze mit heutigen Preisen für autarken Solarstrom schon rechnet. Sowohl für Investoren wie auch für die Stromverbraucher.

Die Mobile Solarkraftwerke Afrika GmbH und Co. KG möchte Solarkraftwerke in Afrika betreiben. Der erste Container für Mourdiah in Mali wurde bereits über Bettervest finanziert. Greenvesting sucht gerade Investoren für einen zweiten Solarcontainer in Konna (ebenfalls in Mali). Die Investition wird mit 9% verzinst über sieben Jahre getilgt. Der Betreiber erwartet, daß das Solarkraftwerk 46.477 KWh Strom pro Jahr produziert.

Schauen wir uns die Kennzahlen im Zeitverlauf an (auf die Grafik klicken für größere Version):

Die Grafik zeigt die jährlichen Aufwände für 46.477 KWh pro Jahr autark erzeugten Strom, als „was wäre wenn“ Szenario zehn Jahre zurück und zwanzig Jahre in die Zukunft. In Blau die Kosten für einen Dieselgenerator, in dunkelgelb die Kosten des Solarcontainers. Das Dorf in Mali zahlt die ersten zehn Jahre 24.000€ inkl. Wartungskosten an die Projektgesellschaft. Dieser Preis erlaubt, über neun Jahre die Annuitäten an die Crowd-Investoren auszuzahlen (grüne Balken). Nach dem zehnten Jahr ist der Container abgeschrieben. Bis zum Ende seiner Lebensdauer fallen für die Nutzer nur noch Wartungskosten an. Die dunkelgelben Balken für die Vergangenheit spiegeln die Preisentwicklung für Panels und Batterien im Container (mit 50% der Systemkosten angenommen). Es ist zu erkennen, daß:

  • Erst in 2015 die Solarkosten in „Sichtweite“ des vergleichbaren Dieselpreises für das erste Betriebsjahr kommen.
  • Für die ersten zehn Jahre gerechnet, liegen Diesel- und Solarkosten gleichauf (bettervest nimmt einen etwas höheren Dieselpreis an und kommt auf einen leichten Vorteil für Solar).
  • Der große Sprung kommt in Jahr 11: Ab dann 4.000€ Wartungskosten (4% Steigerung pro Jahr) statt 30.000€ Dieselkosten – da könnten die Einsparungen schon nach vier Jahren einen weiteren Container finanzieren, der ab dem ersten Jahr (2030) für die Wartungskosten von dann 9cent/KWh Strom erzeugt.

Das ist der im Titel angesprochene „Doppelte Boden“: 1. Heutige Kosten für netzautarken Solarstrom in Afrika sind weit genug gefallen, daß die Annuität an Investoren und Betriebsgesellschaft über zehn Jahre komfortabel aus erspartem Diesel gezahlt werden kann. 2. Ab dem elften Jahr fallen nur noch Wartungskosten an.

Postscriptum: In Deutschland rechnet sich das Szenario „Autark mit Solarstrom“ noch nicht: Die Linie „Netzstrompreis Deutschland“ (aktuell ca. 30cent/KWh) schneidet die dunkelgelben Balken (die für deutsche Sonnenverhältnisse auch noch verdoppelt werden müßten) noch lange nicht – aber wer weiß wie das Bild in zehn Jahren aussieht?

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